Psychische Krankmacher in der Arbeit
Immer mehr Menschen klagen über die krankmachende psychische Belastung am Arbeitsplatz: Zu viel Arbeit bei zu wenig Zeit, lange Arbeitstage, eine dünne Personaldecke, Freundlichkeitsdruck, Umstrukturierungen und vieles andere mehr kennzeichnen den Arbeitsalltag vieler Arbeitnehmer:innen.
Die Ergebnisse der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung der Statistik Austria (2022, Zahlen aus 2020), zeigen:
- 60 % der Erwerbstätigen fühlen sich am Arbeitsplatz mindestens einem psychischem Gesundheitsrisiko ausgesetzt.
- Als größtes arbeitsbezogenes Gesundheitsrisiko wird am häufigsten starker Zeitdruck bzw. Arbeitsüberlastung angegeben: 38,3 % berichten, in ihrer Arbeit unter starkem Zeitdruck zu leiden bzw. überlastet zu sein.
- Von gut von einem Drittel der Befragten wird der den Umgang mit schwierigen Personen als Risikofaktor angeführt.
- Auch schlechte Kommunikation/Zusammenarbeit (12,6 %), fehlender Einfluss auf das Arbeitstempo (8,2 %) und unsichere Beschäftigungsverhältnisse (6,4 %) werden als Risikofaktoren genannt.
- 4,1 % der Befragten berichten, in ihrer Arbeitsumgebung von Gewalt bedroht oder durch Mobbing (3,2 %) belastet zu sein.
In einer repräsentativen EU-Studie aus 2022 geben 47 % der Befragten in Österreich an, dass der Arbeitsdruck als eine Konsequenz der Corona-Pandemie weiter zugenommen hat.
Leid für Betroffene und hohe Kosten für Betriebe und Gesellschaft
Arbeitsbedingte psychische Belastung kann zu Fehlbeanspruchung führen und krank machen. Eine Folge können etwa psychische Erkrankungen, wie Depressionen oder Angststörungen, sein. Die Krankenstandstage durch psychische Erkrankungen haben seit 1994 deutlich zugenommen. Auch die auf diesen beruhenden Invaliditätspensionen haben einen bedenklichen Anteil erreicht:
- Seit Mitte der 1990er-Jahre haben sich die Krankenstandstage aufgrund psychischer Krankheiten und Verhaltensstörungen vervierfacht (siehe Tabelle unten).
- Bereits über 40 % der Invaliditätspensionen sind durch psychische und Verhaltensstörungen bedingt .
Veränderung Krankenstandstage 1994 zu 2019
(gerundet auf Tausend)
Krankheits-gruppen | 1994 | 2019 | Veränderung absolut | Veränderung in % |
insgesamt | 40.211.000 | 46.081.000 | + 5.870.000 | + 14,6% |
Psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen | 1.063.000 | 4.352.000 | + 3.289.000 | + 309,4 % |
Aber auch psychosomatische Störungen (Verdauungsbeschwerden, Herzbeschwerden, Kopfschmerzen etc.) und körperliche Erkrankungen wie Muskel- und Skeletterkrankungen bis hin zu einem erhöhten Herzinfarktrisiko können die Folge von psychisch ungünstig gestalteter Arbeit sein.
Ein weiteres Risiko stellen psychosoziale Auswirkungen, wie etwa ein erhöhter Nikotin-, Alkohol- und Medikamentenkonsum, Unzufriedenheit, Resignation, innere Kündigung oder Leistungsminderung dar.
Oft vergessen wird auch: Krankmachende psychische Belastung am Arbeitsplatz verursacht hohe Kosten für Betriebe und Volkswirtschaft. Rund 3,3 Milliarden Euro betragen die gesamtwirtschaftlichen Kosten der resultierenden Krankenstände jährlich.
Verpflichtender Schutz vor arbeitsbedingten psychischen Gefahren durch Arbeitgeber:innen
Arbeitgeber:innen haben eine Schutzverpflichtung für die Arbeitnehmer:innen. Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) stellt klar: Auch die arbeitsbedingte psychische Belastung ist Teil der betrieblichen Arbeitsplatzevaluierung. Arbeitgeber:innen müssen beeinträchtigende Arbeitsbedingungen ermitteln, beurteilen und durch wirksame Schutzmaßnahmen ausschalten oder zumindest reduzieren. Arbeits- und Organisationspsycholog:innen sind im ASchG in dem Zusammenhang besonders hervorgehoben und unterstützen hierbei mit dem erforderlichen Know-How.