Tatort Arbeitsplatz
Spott, Bedrohung, Schläge: Gewalt in der Arbeit kommt vor allem in der Dienstleistungsbranche viel zu häufig vor. Wie lässt sie sich verhindern?
Diskriminierung am Arbeitsplatz wegen Herkunft, Geschlecht, Alter, Religion oder sexueller Orientierung ist verboten. Arbeitnehmer:innen werden durch das Gleichbehandlungsgesetz geschützt. Wie sich Betroffene wehren können, erklärt AK Juristin Biljana Savić:
Diskriminierung entsteht oft durch Vorurteile, etwa älteren Arbeitnehmer:innen oder Migrant:innen gegenüber. Vorurteile sind vorgefasste Einstellungen und Meinungen gegenüber bestimmten gesellschaftlichen Gruppen, die oft nicht auf eigene Erfahrungen zurückzuführen sind. Sie entstehen dadurch, dass Urteile, Ansichten oder Meinungen, die in unserer Gesellschaft vorhanden sind, übernommen und auf Einzelne übertragen werden, ohne ihren tatsächlichen Wahrheitsgehalt an der Realität zu überprüfen: „Ältere sind leistungsschwächer“ lautet z.B. ein weit verbreitetes Vorurteil.
Unmittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn eine Person auf Grund ihres Geschlechts, der Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gruppe, ihrer Religion oder Weltanschauung, ihres Alters oder ihrer sexuellen Orientierung in einer vergleichbaren Situation eine weniger günstige Behandlung erfährt als eine andere Person.
Mittelbare Diskriminierung liegt vor, wenn Vorschriften, die auf den ersten Blick neutral scheinen, bestimmte Gruppen von Arbeitnehmer:innen gegenüber anderen Personen benachteiligen.
Diskriminierung ist dann verboten, wenn Arbeitnehmer:innen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden.
Auch Stellenausschreibungen müssen diskriminierungsfrei sein! Sowohl Arbeitgeber:innen als auch private Arbeitsvermittler:innen sind verpflichtet, bei der Stellenausschreibung den kollektivvertraglichen Mindestlohn und eine allfällige Bereitschaft zur Überzahlung anzugeben.
Verletzen Arbeitgeber:innen das Gleichbehandlungsgebot und kommen dadurch Arbeitsverhältnisse nicht zu Stande (obwohl die BewerberInnen die Bestqualifizierten sind), haben Stellenwerber:innen Anspruch auf Schadenersatz. Die Höhe des Schadenersatzes beträgt mindestens zwei Monatsentgelte, die Arbeitnehmer:innen bei einer Einstellung erhalten hätten. Auch wenn Stellenwerber:innen den Job bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht erhalten hätten, haben sie Anspruch auf Schadenersatz (höchstens € 500), wenn sie beim Bewerbungsverfahren diskriminiert wurden.
Die Frist zur Geltendmachung bei Gericht oder Gleichbehandlungskommission beträgt 6 Monate nach Ablehnung der Bewerbung.
Erhält ein:e Arbeitnehmer:in aufgrund eines geschützten Merkmals (zB. Geschlecht oder ethnische Zugehörigkeit) für eine gleiche oder gleichwertige Arbeit ein geringeres Entgelt als ein:e andere:r Arbeitnehmer:in, so hat er oder sie Anspruch auf Bezahlung der Differenz sowie Anspruch auf eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung (immaterieller Schadensersatz).
Beispiele für Entgeltdiskriminierung: geringerer Stundenlohn für die gleiche Tätigkeit an einer bestimmten Maschine.
Die Frist zur Geltendmachung bei Gericht oder Gleichbehandlungskommission beträgt 3 Jahre.
Arbeitnehmer:innen haben Anspruch auf Gewährung der entsprechenden Sozialleistung, das heißt einer mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen zusätzlichen Leistung des Arbeitgebers (oder Ersatz des Vermögensschadens) sowie immateriellen Schadenersatz. Die Frist zur Geltendmachung bei Gericht oder Gleichbehandlungskommission beträgt 3 Jahre.
Arbeitnehmer:innen können den Zugang zu einer betrieblichen Bildungsmaßnahme einklagen, der ihnen z.B. auf Grund des Geschlechtes verwehrt wurde, oder haben Anspruch auf Ersatz des Vermögensschadens sowie immateriellen Schadenersatz. Die Frist zur Geltendmachung bei Gericht oder Gleichbehandlungskommission beträgt 3 Jahre.
Wenn ein Unternehmen das Gleichbehandlungsgebot verletzt und Arbeitnehmer:innen deswegen nicht beruflich aufsteigen können, dann besteht Anspruch auf Ersatz des vermögensschadens. Als Schadenersatz ist der Unterschied zwischen dem Entgelt, das bezahlt wurde, und dem Entgelt, das nach einer Beförderung bezahlt worden wäre, vorgesehen. Der Ersatzanspruch ist in der Höhe der Entgeltdifferenz für mindestens 3 Monate zu zahlen, wenn die Arbeitnehmer:innen bei diskriminierungsfreier Auswahl beruflich aufgestiegen wären. Außerdem besteht ein Anspruch auf immateriellen Schadenersatz. Auch wenn Arbeitnehmer:innen bei diskriminierungsfreier Auswahl nicht beruflich aufgestiegen wären, haben sie, wenn sie beim beruflichen Aufstieg diskriminiert wurden, Anspruch auf Schadenersatz (höchstens € 500). Die Frist zur Geltendmachung bei Gericht oder Gleichbehandlungskommission beträgt 6 Monate nach Ablehnung der Beförderung.
Ein:e Arbeitnehmer:in darf auch bei der Gewährung der Arbeitsbedingungen nicht diskriminiert werden. Dies ist umfassend zu verstehen und bezieht sich jedenfalls auf alle Maßnahmen des Arbeitnehmer:innenschutzes, wie Ausstattung des Arbeitsplatzes oder der Nebenräume. Der:die diskriminierte Arbeitnehmer:in hat Anspruch auf Gewährung der gleichen Arbeitsbedingungen oder auf den Ersatz des Vermögensschadens. Außerdem besteht ein Anspruch auf einen immateriellen Schadenersatz. Die Frist zur Geltendmachung bei Gericht oder Gleichbehandlungskommission beträgt 3 Jahre.
Arbeitnehmer:innen haben Anspruch auf Schadenersatz zunächst gegenüber dem:der Belästiger:in, egal, ob dies der:die Arbeitgeber:in selbst, ein:e Arbeitskolleg:in oder auch ein:e Kund:in ist.
Darüber hinaus besteht Schadenersatzanspruch gegenüber dem Unternehmen, wenn es nicht für angemessene Abhilfe gegen eine Belästigung gesorgt hat. Eine „angemessene Abhilfe“ muss weitere Belästigungen wirksam verhindern.
In jedem Fall hat der:die Arbeitnehmer:in Anspruch auf angemessenen Ersatz für die Verletzung seiner:ihrer persönlichen Würde. Dieser Schadenersatz muss mindestens 1.000 Euro betragen. Die Frist zur Geltendmachung bei Gericht oder Gleichbehandlungskommission beträgt 3 Jahre.
Sie haben ein persönliches Anliegen zum Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz? Unser Kooperationspartner, der Verein Sprungbrett, ist jede Woche für Sie da:
Telefonberatung: 0670 600 70 80 (österreichweit)
Montag 11:00 – 14:00 Uhr
Donnerstag 16:00 – 19:00 Uhr
Die Telefonberatung ist vertraulich und kostenlos (ortsüblicher Telefontarif) und auf Wunsch anonym.
Wenn eine Kündigung, Entlassung oder die Auflösung des Probearbeitsverhältnisses auf Grund des Geschlechtes oder eines anderen im Gleichbehandlungsgesetz geschützten Merkmals (z.B. Alter oder sexuelle Orientierung) erfolgt ist oder Arbeitnehmer:innen gekündigt wurden, dann können sie dagegen vorgehen.
Arbeitnehmer:innen können eine Kündigung, Entlassung oder die Auflösung des Probearbeitsverhältnisses innerhalb von 14 Tagen ab Zugang beim Arbeits- und Sozialgericht anfechten. Ist ein befristetes Arbeitsverhältnis, das auf die Umwandlung in ein unbefristetes angelegt war, wegen des Geschlechts oder eines anderen geschützten Merkmals durch Zeitablauf beendet worden, kann dies ebenso innerhalb von 14 Tagen ab Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf bekämpft werden.
Arbeitnehmer:innen können die Beendigung aber auch gelten lassen und Schadenersatz fordern (= Vermögensschaden & immaterieller Schaden). Die Frist zur gerichtlichen Geltendmachung dieses Schadenersatzes beträgt 6 Monate ab Übermittlung der Kündigung, Entlassung, Auflösung des Probearbeitsverhältnisses oder der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Zeitablauf.
Personen, die aufgrund eines Naheverhältnisses zu einer Person, die ein geschütztes Merkmal aufweist, benachteiligt werden, sind ebenso vor Diskriminierung geschützt: Beispiel: Eine Frau wird aufgrund der ethnischen Herkunft ihres Mannes benachteiligt.
Es gibt verschiedene Wege, sich gegen Diskriminierungen im Arbeitsleben zu wehren.
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