Transparenz und Sicherung von Standards im Rahmen der TTIP-Verhandlungen
Resolution FSG
Seit Mitte 2013 verhandeln die USA und die Europäische Kommission über ein neues Freihandelsabkommen. Es handelt sich um die transatlantische Handels- und Investitionspartnerschaft TTIP (Transatlantic Trade and Investment Partnership). Das Abkommen wird weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Ziel ist es, den grenzüberschreitenden Handel von Gütern und Dienstleistungen zu erleichtern. Da die Verhandlungen auf Ebene der Welthandelsorganisation WTO ins Stocken geraten sind, verlagern sich die Bestrebungen auf Vereinbarungen zwischen zwei oder mehreren Staaten. TTIP würde die größte Freihandelszone der Welt schaffen. Fast die Hälfte der globalen Wirtschaftsleistung und 40 Prozent des Welthandels entfallen auf die EU und die USA. Die Verhandlungen sollen Anfang 2016 abgeschlossen ein. Von den Befürwortern werden den Menschen in beiden Wirtschaftsblöcken höheres Wachstum und steigende Beschäftigung versprochen.
In diversen Studien werden die geweckten Erwartungen allerdings stark relativiert. Selbst sehr optimistische Prognosen rechnen nur mit einem zusätzlichen Wachstum von etwa 0,1 Prozent. Auch dürften durch den sich verschärfenden Wettbewerb kaum neue Arbeitsplätze entstehen. Eine Studie aus den USA rechnet gar mit einem Verlust von 600.000 Arbeitsplätzen in der EU. Da die Zölle zwischen der EU und den USA bereits weitgehend abgebaut sind, geht es in dem zu verhandelnden Abkommen primär um den Abbau so genannter nicht-tarifärer Handels- hemmnisse. Das Abkommen bedroht europäische und österreichische Standards bei Verbraucherrechten, im Umweltschutz, im Agrarbereich, bei Arbeits- und Sozialrecht, beim Datenschutz und bei der unabhängigen Rechtsprechung. Die bisher bekannt gewordenen Verhandlungsergebnisse stoßen auf breiten Widerstand, nicht zuletzt weil in den letzten Jahrzehnten die Gewinne aus dem Freihandel keineswegs gerecht verteilt wurden.
Deregulierung und Liberalisierung verschärften die Wettbewerbsbedingungen und setzten auch in der EU Millionen Menschen über niedrigere Lohn- und Sozialniveaus unter Druck. Insbesondere der geplante Investitionsschutz, ein wesentlicher Aspekt von TTIP, welcher Konzernen Klagerechte gegenüber Staaten vor privaten Schiedsgerichten ermöglichen soll, ist demokratiepolitisch unakzeptabel und wird von großen Teilen der Zivilgesellschaft abgelehnt. Für Staaten entstünden durch Investor-Klagen von Konzernen unkalkulierbare Risiken. Maßnahmen von allgemeinem Interesse könnten aus Angst vor Klagen einzelner Großunternehmen unterbleiben. Eine derartige „Privatjustiz“ würde einen weiteren Verlust an staatlicher Souveränität bedeuten.
Auch haben die USA bislang nur zwei von acht Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation ILO unterzeichnet. Jene, wo es um Gewerkschaftsrechte geht (Vereinigungs- und Kollektivvertragsfreiheit), gehören nicht dazu.
Eine zeitgemäße Handelspolitik muss soziale und ökologische Aspekte in den Vordergrund stellen. Ein Fortschritt in den internationalen Handelsbeziehungen muss eine Steigerung des Gemeinwohls bringen und nicht nur höhere Profite für Konzerne.
Die Arbeiterkammer fordert der Bundesregierung:
Die Bundesregierung und die zuständigen Minister sollen sich auf EU-Ebene im Zuge von TTIP einsetzen für:
- Transparenz und demokratische Mitwirkungsmöglichkeiten.
- Keine Verankerung von Investitionsschutz, keine Klagsrechte vor privaten Schiedsgerichten.
- Klare Ausnahme von öffentlichen und sozialen Dienstleistungen.
- Ausnahme von Finanzdienstleistungen.
- Einklagbare und sanktionierte Schutzstandards für ArbeitnehmerInnen, im Gesundheits- , KonsumentInnen- ,Sozial- und Umweltbereich.
- Die ILO-Kernarbeitsnormen müssen verbindlich verankert werden.
- Keine regulatorische Zusammenarbeit, die parlamentarische Mitbestimmung und Schutzstandards aushebelt.