4.12.2023

AK-Präsident Goach: „Stärken wir Mobilität als Verbindung der Lebens-, Wohn- und Arbeitswelt!“

Mobil zu sein bedeutet, am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können – sei es zur Erreichbarkeit der Daseinsvorsorge, von Bildungsstandorten, der Arbeit oder der Freizeitgestaltung.  „Ein gut ausgebautes, leistbares, öffentliches Verkehrssystem schafft Entlastung und fördert Arbeitsmarkt-Chancen! Als große Chance sehen wir die Koralmbahn. Kärnten und Steiermark werden zusammenwachsen und es entsteht ein neuer Wirtschaftsraum.“, so AK-Präsident Günther Goach.

„Die AK hat es sich anhand einer Umfrage – mit wissenschaftlicher Begleitung des Joanneum Research – zum Ziel gesetzt, die Mobilitätsbedürfnisse der Menschen in Kärnten umfassend zu erheben und daraus einen Leitfaden für Politik und Verkehrsträger zu erstellen. Über 2.300 Online-Fragebögen bilden hochgradig signifikante Ergebnisse!“, zeigt sich Goach erfreut. Die Studie (5,2 MB) wurde heuer im zweiten und dritten Quartal durchgeführt. Außerdem wurden detaillierte Bezirkserhebungen erstellt.

Teurer Pkw – fehlende Alternativen

Ein großer Teil der täglich zurückgelegten Wege entfällt auf das Pendeln. Hierfür wird vorrangig das Auto verwendet. Neben der Zeitersparnis und der Möglichkeit Wege einfacher kombinieren zu können, ist es auch das Fehlen von Alternativen, dass die Kärntner:innen auf den Pkw zurückgreifen lässt. „Die Belastung steigt mit zunehmender Dauer und sinkendem Einkommen. Während Wege, die nicht länger als 30 Minuten in eine Richtung dauern eher akzeptiert werden, steigt die empfundene Belastung ab einer Dauer von mehr als einer halben Stunde deutlich. Davon betroffen sind auch Haushalte mit schulpflichtigen Kindern und hier vor allem Frauen, welche vermehrt die Betreuungspflichten übernehmen“, hebt Goach ein Studienergebnis hervor und betont: „Ein attraktiveres Angebot des öffentlichen Verkehrs und gezielte finanzielle Unterstützung tragen hier zur Entlastung bei.“

Kombination unterschiedlicher Wege

Das Mobilitätsverhalten wird entscheidend von der Lebenssituation und den familiären Umständen beeinflusst. In Mehrpersonenhaushalten mit schulpflichtigen Kindern ist das Auto das vorrangig benutzte Verkehrsmittel. Das liegt vor allem daran, dass unterschiedliche Wege einfacher kombiniert werden können – sei es das Einkaufen, die Fahrt zur Arbeit, in die Schule oder zum Sport. Das Auto wird oft als alternativlos und unverzichtbar gesehen.

„Die Verwendung des eigenen Autos ist oftmals mehr Notwendigkeit als eigener Wunsch, denn nur vier Prozent der Befragten gaben an, nicht auf das Auto verzichten zu wollen. Daher ist statt dem Rückbau, die Infrastruktur weiter auszubauen und vor allem sind vorhandene Strecken bestmöglich zu nutzen!“, betont der AK-Präsident.

Beispiel

Die Spritkosten für das Pendeln mit dem privaten Pkw – für eine Distanz von 40 Kilometern (das wäre z. B. Villach-Klagenfurt) – betragen pro Jahr rund 2.500 Euro. Das Pendeln mit öffentlichen Verkehrsmitteln hingegen ist durch das Klimaticket mit 399 Euro pro Jahr gedeckelt. Allerdings steht diese Möglichkeit durch zeitliche oder räumliche Faktoren vielen Beschäftigten nicht zur Verfügung. Sie sind auf den privaten Pkw angewiesen.

Rolle der Frauen im Mobilitätsverhalten

„Grundsätzlich weisen Frauen und Männer ähnliche Mobilitätsverhalten auf. Allerdings gibt es Unterschiede in Bezug auf Teilzeit- und Vollzeit-Arbeit, demnach auch auf das Einkommen und die Kinderbetreuung. Die Wochenarbeitszeit einer unselbstständigen Frau im Alter zwischen 25 und 34 Jahren liegt bei durchschnittlich 33 Stunden. Aber auch danach, in der Gruppe der 35 bis 44-Jährigen, liegt diese bei nur 30 Stunden und steigt auch bei älteren Altersgruppen nicht mehr über 32 Stunden“, erklärt Eric Kirschner, Studienautor vom Joanneum Research. Frauen verharren in Teilzeit – ein wesentlicher Grund dafür sind vor allem Kinderbetreuungspflichten. Darin inkludiert sind auch die Wege, die für und mit den Kindern zurückgelegt werden. „Mit einer Verbesserung der Erreichbarkeit der öffentlichen Infrastruktur, wie Betreuungs- und Bildungseinrichtungen, sowie des Verkehrsangebotes, würden Frauen in Hinblick auf kombinierte Wege und die Begleitung von Kindern gezielt unterstützt werden!“, so Goach.

Über Gemeindegrenzen denken!

Insbesondere in den peripheren Regionen wird verstärkt gependelt, wobei die Mehrheit der Fahrten innerhalb einer täglichen Pendelzeit von 45 Minuten je Richtung liegt. In Unterkärnten ist der Anteil jener, die 30 bis 45 Minuten in eine Richtung pendeln am höchsten. „Es muss die Siedlungsstruktur beachtet werden. Denn während es in den Zentren gut möglich ist, auf das eigene Auto zu verzichten, ist der Bus- und Bedarfsverkehr für Regionen abseits des Schienenangebots vonnöten. Zugleich muss über Gemeindegrenzen hinausgedacht werden, denn allein außerhalb des Kärntner Zentralraumes verlassen mehr als dreiviertel der Pendler die Heimatgemeinde. Außerdem ist die Erreichbarkeit zentraler Orte und Orte der Daseinsvorsorge von wesentlicher Bedeutung. Es braucht situationsbedingte und regionsspezifische Lösungen, wie den Mikro-ÖV, um bessere Erreichbarkeitsverhältnisse schaffen zu können!“, unterstreicht Kirschner.

Chancen nutzen!

Mit der Koralmbahn wird sich Mobilität ändern. Goach: „Klagenfurt und Graz werden in Tagespendeldistanz liegen. Vor allem in den Bezirken Völkermarkt und Wolfsberg kommt es zu einer deutlich besseren Erreichbarkeit. Aber es darf nicht auf die restlichen Bezirke vergessen werden. Alle Kärntnerinnen und Kärntner müssen profitieren, eine abgestimmte Taktung der Zubringersysteme an die Koralmbahn aus allen Regionen ist unabdingbar!“

„Auch die sogenannte „Letzte Meile“ stellt oft eine Herausforderung dar, was am fehlenden Angebot, der fehlenden Taktung oder der Entfernung von Haltestellen zum Wohn- oder Zielort liegen kann. Hier gilt es Parkplätze für Auto und Fahrrad an (Bus)Bahnhöfen zur Verfügung zu stellen, um zumindest eine Teilstrecke mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zurücklegen zu können. Der Ausbau des Park&Ride-Angebotes an frequentierten Bushaltestellen und Bahnhöfen ist somit von wesentlicher Bedeutung“, hebt Kirschner hervor.

„Die Pkw-Abhängigkeit muss durch ein leistbares öffentliches Verkehrssystem und durch sichere Rad- und Fußwege reduziert werden. Die schon gesetzten Maßnahmen, wie die Kostenreduktion des Kärnten Tickets, waren mit Sicherheit ein Schritt in die richtige Richtung. Es wird aber in Zukunft eine Vielzahl an gebündelten Maßnahmen brauchen. Gleichzeitig muss jungen Menschen der öffentliche Verkehr kostenlos ermöglicht werden“, fordert Goach.

Die Arbeiterkammer Kärnten fordert:

  • Die Erreichbarkeit von Bildungs-, Gesundheits- und Freizeiteinrichtungen, der Verwaltung und der Versorgung muss durch einen ausreichend ausgebauten, öffentlichen Verkehr gewehrleistet sein.
  • Zubringersysteme aus den Regionen an die Koralmbahn: Anbindung des öffentlichen Nachverkehrs mit verdichteter und abgestimmter Taktung.
  • Regionen wie St. Veit und Friesach müssen weiterhin mit schnellen Verbindungen an den Zentralraum, aber auch an die Koralmbahn, angebunden sein.
  • Zur Erschließung der letzten Meile ist ein Ausbau des Park&Ride-Angebotes und der Radabstellplätze an frequentierten Haltestellen notwendig.
  • Ausbau von sicheren Fuß- und Radwegenetzen forcieren.
  • Beitrag der Unternehmen gefordert: Erstellung von Mobilitätskonzepten, um das Pendeln leistbarer zu machen.
  • Fahrtkostenzuschuss: Anhebung der Einkommensgrenzen um mindestens 30 Prozent beim Fahrkostenzuschuss für den Individualverkehr, inklusive jährlicher Indexierung der Einkommensgrenzen für alle Fahrkostenzuschüsse.
  • Ein gratis Öffi-Ticket für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre.

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