4.11.2025

AK-Goach: „Menschen leiden weiter, Politik muss Leistbarkeit und fairen Wettbewerb garantieren!“

Die zaghafte Erholung der heimischen Wirtschaft wird zwar primär von der anziehenden Weltkonjunktur getragen, bleibt aber verhalten. Belastend wirken hohe Energiepreise und die Kaufkraftverluste der Konsument:innen, verstärkt durch geopolitische Unsicherheiten wie etwa die US-Zollpolitik. Am Arbeitsmarkt bleiben der Fachkräftemangel und der demografische Wandel präsent. AK-Präsident Günther Goach: „Die anhaltenden Kaufkraftverluste und der draus resultierende Wettbewerbsdruck zeigen, dass wir dringend Maßnahmen für ein leistbares Leben und einen attraktiven Standort brauchen.“

„Der Konjunkturrückgang wird bei uns aufgrund von Förderungen erst verzögert spürbar, 2026 wird daher schwierig. Energiekosten, Export Control und Zölle (gegenüber den USA) haben signifikante Auswirkungen. Spezialisten im Bereich Halbleiterindustrie und Elektronik Design fehlen in Europa.“ (Erwin K.)

„Mein Betrieb ist eine Bank. Die wirtschaftliche Konjunktur aller Branchen trifft uns daher zumindest sekundär immer. Die wirtschaftlichen Kennzahlen entwickeln sich grundsätzlich gut und konstant, jedoch leidet die Branche enorm am Mangel an geeigneten Fachkräften…“ (Anna B.) 


Die fehlende Zuversicht in diesen Zitaten ist das direkte Ergebnis der jüngsten Konjunkturumfrage der AK Kärnten. Für die vom Joanneum Research wissenschaftlich begleitete Erhebung gaben Betriebsrät:innen aus 217 Kärntner Unternehmen ihre Einschätzung ab. Diese repräsentieren rund 62.000 Arbeitnehmer:innen (oder 29 Prozent) der hiesigen Beschäftigten. Joanneum-Studienautor Eric Kirschner fasst zusammen: „Nach einer zweijährigen Rezessionsphase wird für die österreichische Wirtschaft im Jahr 2025 ein leichtes Wachstum von +0,3 Prozent erwartet. Das WIFO prognostiziert für 2026 eine weitere Beschleunigung auf +1,1 Prozent, angetrieben durch eine anziehende Weltkonjunktur, die sowohl Exporte als auch die inländische Nachfrage beleben sollte. Dennoch ist nicht von einer starken Wachstumsdynamik die Rede, und erhebliche Unsicherheiten, insbesondere aufgrund der US-Zollpolitik, bestehen weiterhin.“

Jürgen Kopeinig, Leiter der AK-Abteilung Wirtschafts- & Steuerpolitik, ergänzt: „Der Fachkräftemangel ist ein Problem, das schon sehr lange besteht. Laut den Umfrageergebnissen wird weiterhin Personal gesucht, es werden weiterhin Lehrlinge ausgebildet und Investitionen getätigt – obwohl die Unternehmen gerade unsichere Zeiten erleben.“ Die Konjunktur wird weiterhin durch hohe Energiepreise und Kaufkraftverluste der privaten Haushalte belastet. Auch wenn sich die Stimmung in der heimischen Industrie langsam aufhellt, bleibt der Kostendruck in der Produktion, begünstigt durch anhaltend hohe Energiepreise, eine wesentliche Herausforderung für die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes. Besonders energieintensive Unternehmen (vorwiegend aus der Industrie) sind wesentlich härter von der Inflation betroffen als Dienstleistungsunternehmen. In Kärnten beläuft sich der Anteil der Bruttowertschöpfung im industriellen Umfeld (Industrie inkl. industrienaher Dienstleistungen) auf mittlerweile 59 Prozent.

Grundversorgung erschwinglich halten

Goach warnt eindringlich: „Nach dem massiven Einbruch 2020 erlebte die Wirtschaft zwar in den Folgejahren eine leichte Erholung, steckt aber seither in der längsten Rezession seit dem Kriegsende. Lieferengpässe, hohe Energiepreise und Gewinn-Preis-Spiralen haben die Inflation angeheizt und die Kaufkraft geschwächt. Ohne politische Gegenmaßnahmen drohen wachsende Unsicherheit in der Bevölkerung und weitere Verluste in der Wirtschaft.“

Das tägliche Leben ist drastisch teurer geworden. Im September 2025 lag die Inflation in Österreich bei vier Prozent und damit in allen zentralen Lebensbereichen nach wie vor deutlich über dem Eurozonenschnitt von 2,2 Prozent. Die Lebensmittelpreise sind in den vergangenen vier Jahren um 25 Prozent gestiegen. Neben offenen Preisanstiegen setzen Hersteller vermehrt auf versteckte Erhöhungen: Mangels gesetzlicher Regelungen und Kennzeichnungspflicht sind „Shrinkflation“ und „Skimpflation“ gängige und zulässige Praxis geworden. „Der Staat muss die Menschen vor diesen irreführenden Geschäftspraktiken schützen, Preissteigerungen rechtzeitig bremsen und die Grundversorgung erschwinglich halten, mit dem Ziel, den Menschen wieder ein leistbares Leben zu ermöglichen“, so der AK-Präsident.

Höhere Stromrechnungen durch die ausgelaufene Strompreisbremse und steigende Abgaben und Netzkosten verschärfen die hohen Lebenshaltungskosten für Haushalte. Die AK nutzt die Begutachtung des neuen Elektrizitäts-Wirtschaftsgesetzes (ElWG), um sich hier einzubringen. „Wir nehmen die einseitigen Preisanpassungen, die Verteilung der Netzentgelte und begünstigte Sozialtarife genau unter die Lupe. Das Ziel ist eine wirksame Entlastung der Bevölkerung“, unterstreichen AK-Direktorin Susannes Kißlinger und AK-Direktorin-Stellvertreterin Irene Hochstetter-Lackner unisono.

Arbeitsmarkt getrübt, Investitionen rückläufig

Der Arbeitsmarkt trübt sich leicht ein, zeigt sich aber weiterhin verhältnismäßig stabil. Heimische Unternehmen suchen nach wie vor nach Arbeitskräften. „Während im Vorjahresvergleich eine leichte Eintrübung beim Personalaufbau zu beobachten ist, geht auch der geplante Personalabbau leicht zurück“, zitiert Goach ein weiteres Ergebnis aus der Umfrage und betont: „Wir brauchen mehr denn je ein finanziell und personell top aufgestelltes Arbeitsmarktservice, um allen Arbeitsuchenden eine gute Beratung zu gewährleisten und längerfristige Qualifizierungsmaßnahmen sicherzustellen. Nur so können Betriebe dabei unterstützt werden, qualifiziertes Personal zu finden und den Fachkräftemangel zu minimieren.“

Investitionsbereitschaft sinkt

Die Investitionsbereitschaft von Kärntner Unternehmen ist laut Konjunkturumfrage leicht rückläufig, Investitionen in bauliche Maßnahmen (50 Prozent) und Maschinen/Anlagen (38 Prozent) dominieren. Auch in den Klimaschutz wird investiert. Kopeinig: „Die Motive verschieben sich: Ersatzinvestitionen werden wichtiger als der Kapazitätsausbau. Dies deutet darauf hin, dass andere Standorte für Neuinvestitionen attraktiver werden. Zusammen mit dem zunehmenden Wechsel von Zulieferern steigen die negativen Auswirkungen auf den Standort.“

KI spielt aktuell keine Rolle

Die Umfrage zeigt, dass Künstliche Intelligenz (KI) und Digitalisierung für die befragten Unternehmen derzeit eine untergeordnete Rolle spielen, auch wenn der allgemeine Trend in der Wirtschaft eine andere Richtung weist. Positiv hervorzuheben ist jedoch, dass 77 Prozent der Befragten keinen steigenden Leistungsdruck für Beschäftigte durch diese Entwicklungen erwarten.

Verbesserung der Kinderbetreuung

Die Studie unterstreicht, dass ein verbessertes und flexibles Kinderbetreuungsangebot in Kärnten einen wesentlichen Beitrag zur Steigerung der Produktivität, Wirtschaftsleistung und Wertschöpfung leisten kann. Goach: „Die Forcierung eines qualitativ hochwertigen und flächendeckenden Kinderbetreuungsangebots, beginnend mit der frühkindlichen Förderung bis hin zum ganztägigen Schulangebot mit warmem Mittagstisch, soll nicht nur die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen, sondern auch die soziale Ungleichheit bereits im (frühen) Kindesalter ausgleichen.“

Die Arbeiterkammer Kärnten fordert:

  • Mehr Bundesmittel für die Gemeinden, um den Ausbau der erneuerbaren Energien, die thermische Sanierung von Gebäuden, die Energieeffizienz und den Ausbau des öffentlichen Verkehrs voranzutreiben.
  • Verstärkte Förderung des gemeinnützigen Wohnbaus, um leistbaren Wohnraum zu gewährleisten und gleichzeitig die Baukonjunktur zu stützen.
  • Keine weitere Kürzung der Lohnnebenkosten zu Lasten der Arbeitnehmer:innen.
  • Ein personell und finanziell top ausgestattetes AMS, um allen Arbeitsuchenden rasche Vermittlung zu gewährleisten. Die arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen des AMS sind mit dem Land Kärnten weiterzuführen, zu erweitern und budgetär abzusichern.
  • Eine umfassende „Qualifizierungsoffensive“ mit Schwerpunkt Digitalisierung, Künstliche Intelligenz (KI) und Green Jobs ist umzusetzen, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen und Arbeitslose fit für den Arbeitsmarkt zu machen.
  • Hebung der Frauenerwerbsquote durch eine flächendeckende Kinderbetreuung und Pflegeinfrastruktur sowie Ausbau von Ganztagesschulen, um die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu ermöglichen.
  • Betriebe, die nicht selbst Lehrlinge aus- und weiterbilden (können), haben sich an einem „Weiterbildungsfonds“ zu beteiligen.
  • Anpassung der regionalen und überörtlichen Raumplanung an die Potenziale der
    Koralmbahn.
  • Der neue Wirtschaftsraum Süd macht durch die Koralmbahn den Zugang zu einem größeren Fachkräftepool möglich, da dank der schnelleren Verbindung der Wohnortwechsel für den Job nicht mehr notwendig ist. Um diesen Fachkräftepool zu befüllen und optimal nützen zu können, sind regionsübergreifende Arbeitsmarktprojekte und Bildungsinitiativen zwingend notwendig.
  • Forcierung von überregionalen, interkommunalen Projekten wie Forschungseinrichtungen, Logistikzentren, Technolgie-, Gewerbe- und Industrieparks usw.
  • Durch qualitätsvolle Fördermaßnahmen Anreize für eine höhere Investitionsbereitschaft der Unternehmen in Bezug auf Neuinvestitionen und Kompetenzaufbau bei Arbeitnehmer:innen schaffen. 

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